Folge 12: Nachfolge im Verband

Shownotes

In unserem zweiten Interview zum Thema Nachfolge, Netzwerk und Kooperation sprechen wir mit Sven Friedrich, Geschäftsführer des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V.. Herr Friedrich hat gerade die Nachfolge von seinem Vorgänger Matthias Mandos angetreten. Mit ihm sprechen wir über die Herausforderungen der Nachfolge im Haupt- und Ehrenamt. Viel Spaß bei dieser Folge.

Wir freuen uns über Rückmeldungen, Kritik und Anregungen an podcast@lag-sb-rlp.de.

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Selbsthilfe im Trend –Folge 12

Nachfolge im Verband

Sabine Wollstädter, LAG Selbsthilfe Rheinland-Pfalz, im Gespräch mit Sven Friedrich, Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe Rheinland-Pfalz

Sabine Wollstädter

Herzlich Willkommen beim Podcast Selbsthilfe im Trend, der LAG Selbsthilfe Rheinland-Pfalz. Ich bin Sabine Wollstädter und ich gehe hier ins Gespräch mit Menschen, die spannende Ideen und Perspektiven für die gesundheitsbezogene Selbsthilfe haben. Wir sprechen darüber, wie sich die Selbsthilfe Vereine und Verbände fit machen können, um sich den komplexen Zukunftsthemen und Herausforderungen zu stellen.

In der heutigen Folge sprechen wir mit Sven Friedrich, Geschäftsführer des Landesverbandes der Lebenshilfe hier in Rheinland Pfalz. Wir sitzen heute auch gemeinsam an einem Tisch. Worüber wir uns besonders freuen. Das kommt in diesem Podcast ja nicht allzu häufig vor. Herr Friedrich, Sie haben vor kurzem die Nachfolge von Ihrem Vorgänger Matthias Mandos übernommen. Darüber wollen wir heute sprechen. Wir wollen darüber sprechen, wie funktioniert Nachfolgeplanung? Wie sind Sie bei der Lebenshilfe vorgegangen? Und einen kurzen Schlenker über das Thema Netzwerke und Kooperationen gehen. Doch bevor wir inhaltlich einsteigen, gehört Ihnen das Wort. Stellen Sie sich und den Landesverband doch bitte für unsere Hörer*innen einmal vor.

Sven Friedrich

Ja, erst mal herzlich willkommen. Schön, dass Sie da sind. Ja, mein Name ist Sven Friedrich. Ich bin seit März dieses Jahres Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe hier in Rheinland-Pfalz. Ich habe die Nachfolge von Matthias Mandos, der 21 Jahre lang die Geschäftsführung innehatte und in vielen Gremien und auch vielen Dingen in Rheinland-Pfalz tätig war und ist für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung, hier insbesondere von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung eingesetzt hat.

Ja, ich habe die Nachfolge jetzt angetreten. Ja, die Vorbereitungen, der Landesverband hat sich früh Gedanken gemacht. Also da war klar, dass die, dass der Zeitpunkt irgendwann kommen wird. Und so hat sich der Vorstand natürlich Gedanken gemacht über den Weg, den man gehen muss. Und es gab dann auch frühzeitig eine Ausschreibung. Und ja, um wirklich auch gemeinsam auch gemeinsam mit dem Vorstand, die Entscheidung zu treffen, die Gespräche zu führen. Das ist schon im Januar 2022 gelaufen. Also die Entscheidung ist im November 22, also ein halbes Jahr vor Beginn schon gefallen.

Sabine Wollstädter

Und waren Sie schon bei der Lebenshilfe?

Sven Friedrich

Ja, ich bin schon seit 2003 in Im Lebenshilfe Kreis unterwegs. Anfänglich hier bei der Lebenshilfe Mainz Bingen, wo ich in einer Wohngruppe in einer besonderen Wohnform gearbeitet habe. Erst als Mitarbeiter, dann später als Gruppenleiter und von da bin ich gewechselt 2011 in den Rhein Hunsrück Kreis gewechselt, zu Verein Hunsrück und habe da die Leitung einer Tagesstätte übernommen.

Im Laufe der Zeit habe ich dann noch zusätzlich Aufgabe der pädagogischen Gesamtleitung übernommen und zuletzt seit 2000 und 21 war ich dann in der Geschäftsführung mit in der Geschäftsführung, in einem Führungsteam. Und das bis jetzt. Mai 23!

Sabine Wollstädter

Jetzt haben Sie schon durch Ihren Werdegang erzählt, was die Lebenshilfe anbietet. Können Sie uns noch einmal kurz mitnehmen in die Historie? Was ist das Grundverständnis der Lebenshilfe? Was war es? Was ist es vielleicht auch heute?

Sven Friedrich

Die Lebenshilfe hat ja schon eine relativ lange Geschichte. Der Landesverband wird dieses Jahr 60 Jahre alt. Lebenshilfe Ganz ursprünglich wurde 1958 in Marburg gegründet. Die Bundesvereinigung, weil sich Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen, insbesondere mit einer geistigen Beeinträchtigung, Gedanken gemacht haben. Wie kann Förderung aussehen? Wie kann Zukunftssicherung für ihre Kinder aussehen? Weil zu diesem Zeitpunkt die Angebote, die es gab, eher versorgenden ausgerichtet waren und die Eltern sich einfach ein Mehr gewünscht haben.

Seit dieser Zeit gibt es insgesamt ja auch einen Paradigmenwechsel oder mehrere Paradigmenwechsel eigentlich, wie sich die Arbeit und die Angebote verändert haben und es in diesem Prozess bewegt, dass Lebenshilfe eigentlich permanent mit also von dieser ursprünglichen reinen Elterninitiative, die aus einer gewissen Not heraus sich einfach natürlich auch auf den Weg gemacht haben, um für ihre Kinder mehr Möglichkeiten zu gewährleisten, hin zu heute, einer Selbsthilfeorganisation, die natürlich Familien unterstützt, damit auch Angehörige und ihre Belange gerade bei Kindern aber die auch die Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in ihrer Selbstbestimmung und in ihren Teilhabemöglichkeiten unterstützt.

Und das hat eben auch auf verschiedenen Ebenen. Ich glaube, das Besondere ist, dass die Angebote der Lebenshilfe sehr regional ausgerichtet sind. Also es gibt nicht in der Regel die große Einrichtung irgendwo am Rande der Stadt, sondern die Orts- und Kreisvereinigung, das sind 29 Jahre Rheinland-Pfalz sind in kleineren Einheiten kleinere Einrichtungen, Kindertagesstätten, aber auch Dienste, offene Hilfen, Freizeitangebote, Familien, unterstützende Dienste, die vor Ort für die Familien da sind und die auch vor Ort vernetzt sind. Und ich glaube, dass das wirklich ein wichtiger Aspekt von der Arbeit ist, die die Lebenshilfe anbietet.

Sabine Wollstädter

Sie haben gerade schon den Bereich Selbstvertretung genannt. Können Sie uns hier noch mal einen kurzen Einblick dazu geben, wie Hauptamtliche und Ehrenamtliche bei der Lebenshilfe zusammenarbeiten und wie selbst Vertretung hier in Rheinland-Pfalz bei der Lebenshilfe funktioniert?

Sven Friedrich

Tatsächlich die Die Wurzeln der Lebenshilfe basieren auf dem Ehrenamt. Das waren damals Ehrenamtliche, gerade auch Eltern, die sich engagiert haben, die aus Eigenmotivation, zum Teil mit Muskeln, Hypothek, erste Einrichtung, erste Dienste mit aufgestellt haben. Daraus resultierten dann erst nach und nach auch Angebote, die dann auch wirklich vergütet worden sind und in denen dann eben auch professionalisiert gearbeitet worden ist.

Das Ehrenamt hat aber dabei immer den begleiten Aspekt gehabt, Also in den Vorständen in im Bereich Freizeit ist es auch heute noch ein ganz, ganz wichtiger Aspekt und ein ganz, ganz wichtiger Teil. Auch zur Gewährleistung von von Angeboten aus der Ehrenamtlichen mitarbeiten. Und da gibt es natürlich dann auch diese Veränderungen, dass heute in vielen Vorständen eben auch Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung auch mit im Vorstand sind.

Dass es Beiräte gibt, also auch hier beim Landesverband, ist im Vorstand ein Mitglied mit Beeinträchtigung. Es gibt außerdem den Beirat der Lebenshilfe für Menschen mit Beeinträchtigungen, wo wiederum auch zwei Vertreter mit im Vorstand mitarbeiten und sich halt auch einbringen und vor allem auch ihre Sichtweise mit einbringen und auch ihre Forderungen. Und das ist tatsächlich für mich auch eine ein wichtiger Part, weil neben der Gewährleistung von wirtschaftlicher Sicherheit für ein Angebot zählt, aber eben auch die Ausgestaltung bzw wie wie Selbstbestimmung gewährleistet werden kann.

Gerade dann, wenn Kommunikation oder so was vielleicht auch schwieriger ist. Bei einem Menschen mit einer ausgeprägt geistigen Beeinträchtigung. Es ist natürlich auch schwieriger herauszufinden, was ihm wichtig ist, wo Interessen liegen und wie man ihn dabei unterstützen kann. Und genau da versuchen wir eigentlich, unsere Angebote immer weiter und immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und in diese Richtung auszubauen.

Sabine Wollstädter

Herr Friedrich, wir haben gerade in unserem Vorgespräch schon über die Thematik gesprochen Eltern in Vertretung für ihre Kinder versus Selbstvertretung. Wie erleben oder erleben Sie diesen Spagat hier bei der Lebenshilfe in Rheinland-Pfalz?

Sven Friedrich

Ich glaube, das ist mittlerweile kein wirklicher Spagat mehr. Eltern, Eltern von Kindern haben Verantwortung für ihre Kinder und das ist auch bei Kindern ohne Beeinträchtigungen so! Eltern von Kindern mit einer Beeinträchtigung haben aber die besondere Situation, dass sie unter Umständen ganz plötzlich auf einmal Reha Manager werden oder von Dingen konfrontiert werden, die die von einer regulären Elternschaft erst mal abweichen.

Und die brauchen da Unterstützung und die müssen sich auch vernetzen können und die müssen sich auch austauschen können. Ich glaube, das bietet Lebenshilfe und Eltern bleiben Eltern. Das gilt auch für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Eltern machen sich Gedanken. Eltern haben Wünsche für ihre Kinder. Und auch da bekommen Eltern auch im Erwachsenenbereich Beratung, Unterstützung. Gleichzeitig ist es aber so, dass es durch die Veränderungen in der Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen in den letzten Jahrzehnten auch deutlich und klar ist, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung trotzdem volljährig werden und trotzdem erwachsen werden und auch ihre Wünsche haben und ihre Bedürfnisse haben und auch selbstbestimmt Einfluss nehmen auf ihr Leben. Und so ist es ein Nebeneinander. Was es gibt, gibt, gibt klar die Angebote, die sind an Eltern gerichtet und die sollen Eltern dabei unterstützen oder ihnen zur Verfügung stehen. Oder auch einfach den Raum geben, sich auch mal auszutauschen. Weil es gibt halt einfach auch Situationen, die anders sind und das ist auch okay. Und viele erleben das sogar gar nicht als schlimm an, das kann auch schön sein und anders kann auch bereichernd sein.

Und wir hätten uns vielleicht alle gar nicht kennengelernt, wenn es nicht anders wäre. Und genauso gibt es aber eben auch die Angebote, die klar für die Menschen mit Beeinträchtigungen selbst sind und in denen sie selbst die Kontrolle übernehmen. Und auch Angebote verändern sich immer weiter. Also ich habe zuletzt in meiner Tätigkeit bei dem Verein Hunsrück mitgearbeitet, an der Entstehung einer Wohngemeinschaft für Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf. Das heißt, die wirklich 24 Stunden jemanden zur Verfügung haben müssen. Wir führen da Vorstellungsgespräche nur Mitbewohner Vertretern. Der Speiseplan wird von den Bewohnern geschrieben. Also auch da kann man oder da verändert sich was, dass man das man trotz einem hohen Unterstützungsbedarf, die Selbstwirksamkeit und die selbst Vertretung und die Selbstbestimmung halt einfach auch stärken kann und auch Teilhabe verändern kann.

Also diese Wohngemeinschaft zum Beispiel. Das sind drei Wohngemeinschaften, zwei IRA und eine Zweier, die eingebettet in einem Zehn Parteien Haus sind. Das heißt, es ist nicht sonderbar irgendwo am Rande der Stadt, sondern das ist wirklich eine größtmögliche Einbeziehung in die Gesellschaft und auch größtmögliche Teilhabe Möglichkeit, weil auch in der Stadt und damit halt eben auch viele Dinge erreichbar sind.

Und ich glaube, das verändert sich. Und das ist ein Punkt, wo Lebens hilfen die einzelnen Lebenshilfe immer wieder auch gucken, wo sind die Bedarfe hier bei uns vor Ort und was können wir da verändern und können da eben auch ja Selbstbestimmung und Teilhabe Möglichkeiten weiter ausbauen und letztendlich auch auf Gesellschaft einwirken. Gesellschaft Inklusion ist eine Zukunftsperspektive. Das ist wir haben eine Vorstellung davon, wie es sein wird oder wie es sein kann.

Aber wir sind da ja nicht. Und Inklusion kann man auch nicht ein und ausschalten. Wir müssen alle Beteiligten, das bedeutet eben auch Gesellschaft und Menschen ohne Beeinträchtigung mitnehmen. Und auf diesem Weg Glaube ist oder bin ich fest davon überzeugt, braucht es Erfahrung und man muss Erfahrungen sammeln können. Also alle Beteiligten müssen Erfahrungen sammeln können und auch positive Erfahrungen sammeln können.

Und da können solche Wohngemeinschaften, aber da können auch Aktivitäten im Freizeitbereich einfach auch Möglichkeitsräume bieten, Möglichkeitsräume, in denen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen gemeinsam positive Erfahrungen machen. Und ich glaube, dass diese Erfahrungen uns auch weiterbringen und mehr dazu führen, dass das getragen wird und dass es das weiterentwickeln kann wie ein erhobener Zeigefinger. Und von daher glaube ich, dass Lebenshilfe durchaus auch da sehr stark dazu beitragen kann, auch dieses Thema insbesondere für Menschen mit einer geistigen Behinderung voranzubringen.

Sabine Wollstädter

Vielen Dank auch wirklich sehr schön, dass Sie uns gerade schon einen Einblick auch in Ihre Haltung zum Thema Inklusion gegeben haben. Besonders schön, muss ich sagen, habe ich jetzt hier erlebt die Schilderung, wie Sie die Belange von Menschen mit stärkeren Beeinträchtigungen oder auch kommunikativen Beeinträchtigungen sichtbar machen. Das gibt mir auch als Mutter ein gutes Gefühl, dass ich mich hier, als er bald Mutter eines erwachsenen Sohnes zurücknehmen kann und seine Bedürfnisse trotzdem gehört werden.

Wir wollen uns als nächstes Herr Friedrich über das Thema Nachfolge unterhalten. Die Nachfolge im Verband oder Verein ist ja so was wie ein Dauerbrenner. Warum ist das so? Was sind da aus Ihrer Sicht die Herausforderungen?

Sven Friedrich

Ja, das ist auch ein schwieriges Thema, glaube ich. Ich habe diesen Prozess jetzt schon zweimal sozusagen begleitet. Also 2021 auf meiner letzten Stelle, weil auch da bin ich ja die Nachfolge angetreten. Da einen Geschäftsführer nach 31 Jahren und jetzt hier dieses Jahr also ja, ganz frisch, der Matthias Mundlos nach 21 Jahren. Und häufig erlebe ich das zumindest so, dass in solchen Organisationen Menschen sich zu einem Zeitpunkt, in dem relativ viel Entwicklung möglich war, etabliert haben.

Die haben gekämpft, die haben ganz viele Dinge verändert, die haben ganz viele Dinge vorangebracht. Und das ist jetzt so eine gewisse Generation, die gerade auch geht, die einfach jetzt in den Ruhestand auch wechseln. Und von da habe ich das Gefühl, dass es auch gerade einen gewissen Generationswechsel wirklich gibt, auch eine Verjüngung, letztendlich natürlich auch dadurch. Und ja, ich glaube, da kommen viele Wünsche, das ist so ein bisschen vielleicht auch manchmal bei den Eltern, da gibt es dann auch Wünsche, das in guten Händen zu wissen, zu wissen, dass es weitergeht, dass das Dinge, die aufgebaut worden sind, auch weiter mit Leben gefüllt werden und weiter ausgebaut werden und weiterentwickelt werden.

Und ja, sowohl im Hunsrück als auch hier habe ich es jetzt so erlebt, dass da frühzeitig sich auch Gedanken gemacht worden ist und man man sich überlegt hat was braucht es denn, was was, was braucht es, um hier weiter zu kommen? Was braucht es, um Stabilität zu bieten? Aber was braucht es auch, um weiterzuentwickeln? Ja, weil es ist natürlich so es gibt Dinge, die gehören bewahrt und die müssen auch hochgehalten werden.

Und es gibt auch Dinge, die müssen auch dann mal hinterfragt werden. Und ich glaube, dieses Wissen oder dieses, dieses Verständnis ist ganz, ganz wichtig, dass es, dass es diesen Dingen, diesen Raum gibt, Gutes und Sinnvolles zu bewahren, aber eben auch unter Umständen Dinge in Frage zu stellen oder weiterzuentwickeln, um halt einfach auch in der Entwicklung, in der Entwicklung mitzugehen und eben auch wirklich Angebote oder Dienstleistungen gestalten zu können, die den Bedarfen von Menschen mit Beeinträchtigung gerecht werden.

Und ich glaube, dass das frühzeitige sich Gedanken machen sich aufstellen, das ist sehr wichtig. Die Kombination letztendlich auch mit den Vorständen, also mit dem Ehrenamt, weil das sind diejenigen, die natürlich auch ihre, ihre Belange und ihre Bedürfnisse da auch vertreten wissen wollen. Das Ehrenamt kann in einer Organisation, in der 200 300 Mitarbeiter arbeiten, nicht die volle Verantwortung übernehmen.

Von daher braucht es solche Positionen und die brauchen halt einfach das. Das gehört ja Vertrauen dazu. Also neben formalen Dingen wie einem Arbeitsvertrag gehört auch eine Vertrauensbasis, eine Vertrauensbasis dazu, um sich um so eine Aufgabe zu übernehmen. Und ich glaube, das braucht Zeit. Das braucht auch Bereitschaft, Bereitschaft der Organisation, Bereitschaft des Vorgängers loszulassen.

Sabine Wollstädter

Sie haben gerade die Herausforderungen angesprochen, loszulassen. Was hat Ihnen und Ihrem Vorgänger hier geholfen, den Wandel zuzulassen?

Sven Friedrich

Also jetzt hier beim Landesverband ist es so, dass der Matthias anders und es eine Übergabe Zeit hatten, die von vornherein auch als Entscheidung vom Vorstand getroffen worden ist, dass es eben eine Übergabe Zeit gibt, in der wichtige inhaltliche, strukturelle Dinge auch übergeben werden können. Diese Zeit war von Juni, also von Juni bis Ende August. Das habe ich als sehr wichtig empfunden, weil eine solche Organisation mit einer solchen Breite an Themen und und Gremien, wo man vertreten ist, da kann man nicht einfach reingehen, kann sagen Hallo, da bin ich, sondern da muss man auch manchmal Hintergründe wissen und Abläufe und Strukturen, damit der Betrieb auch wirklich weiterlaufen kann und und weiterlaufen kann.

Gleichzeitig ist es aber so, dass ich kannte Matthias Mundlos auch schon vorher aus Gremienarbeit. Wir waren da also auch schon recht vertraut und es war wirklich eine Übergabe, die mir ganz viel Sicherheit gegeben hat, um in den neuen und die neue Position starten zu können. Aber gleichzeitig war es auch so, dass Matthias muss immer auch gesagt hat Das ist der Stand.

Das war mir dabei immer wichtig. Aber es gibt auch ein Nach mir und es ist und es ist faktisch so, es gibt ganz, ganz viel, was zu bewahren ist. Ja, die Verabschiedung von Matthias, das war ja jetzt erst vor am achten, Neunten und da wurden ja zahlreiche Worte gefunden, unter anderem auch von unserem Sozialminister, der schon auch sagt Ja, das ist auch da, da ist viel passiert, da ist, da geht auch eine Ära zu Ende.

Und das ist so, also ich stehe schon auch vor einem einem großen Erbe und bin bereit, das anzunehmen und bin auch da wirklich gestützt worden von von Matthias. Man muss das anzunehmen und da einzusteigen, und zwar als beides, Bewahrer und Weiterentwicklung.

Sabine Wollstädter

Ja, eine sehr schöne Sicht, gemeinsam in der Übergabe nicht nur darauf zu schauen, was wurde gemacht, sondern auch darauf zu schauen, warum es gemacht wurde und warum man es entschieden hat. Jetzt haben wir in den Verbänden der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe ja auch die Nachfolge für ehrenamtliche Posten zu bewältigen. Welche Herausforderungen erleben sich hier?

Sven Friedrich

Große Herausforderungen? Also es ist nicht einfach, Menschen zu finden, die bereit sind, in ihrer Freizeit Zeit zu investieren. Also ich bin total dankbar, dass wir einen voll besetzten Vorstand im Landesverband haben. Das ist tatsächlich nicht immer so, das ist manchmal auch schwierig, die Positionen alle zu besetzen. Und in den Orts und Kreis Vereinigungen sieht das ähnlich aus. Ist zum Teil schwierig. Die Not, aus der heraus die Selbsthilfe mal gegründet worden ist, besteht in der Form nicht mehr. Es gibt Angebote, es gibt rechtliche Grundlagen, die sind nicht immer einfach, das wissen wir alle. Da gibt es auch noch vieles zu klären und für vieles zu kämpfen. Das tun wir tagtäglich. Und dennoch ist es so, dass es keine direkte Not mehr gibt, dass man sich auch als Eltern oder auch als Mensch mit Beeinträchtigung direkt zwingend im Prinzip um überhaupt eine Chance zu haben, ein Angebot zu bekommen, direkt in einer Organisation irgendwie einbringen muss.

Und das wirkt sich schon so aus, dass die Mitgliederzahlen da stagnieren bzw manchmal in manchen Regionen sogar rückläufig sind. Und dadurch ist natürlich auch so ist, dass die Zahl derer, die aktiv sind, auch weniger werden. Und da ist es denke ich ganz wichtig, auch mit niedrigschwelligen Angeboten, die eben dann zur Verfügung stehen, auch zu motivieren und dazu beizutragen, dass das, was Menschen bereit sind, sich weiter einzubringen und auch ihre Ideen letztendlich mit einzubringen.

Also ich glaube, dieses Verständnis muss halt einfach auch da sein, dass man nicht nur einfach da sitzt, um abzunicken, sondern dass so ein Vorstand halt eben auch in der Ausgestaltung, in der Ausrichtung von Vereinen sich mit einbringen kann und denke, das ist ganz, ganz wichtig, dass man, dass man diese, diese Einbeziehung, dass man diese mit Mitgestaltung einfach auch transportiert.

Sabine Wollstädter

Wo und wie diskutieren Sie die Ideen, mögliche Herangehensweisen, um mit dieser Herausforderung umzugehen, der Herausforderung, neue Vorstände und oder Ehrenamtliche zu gewinnen?

Sven Friedrich

Das ist Thema, dass das Thema im Landesverband vorstand auch wie man Orts und Kreis Vereinigung bei so was unterstützen kann. Das ist allerdings auch Thema auf Bundesebene, also auf der Bundesvereinigung der Lebenshilfe, um zu schauen, wie kann man Lebenshilfe, Orts und Kreis Vereinigungen dabei unterstützen bzw wirklich herauszuarbeiten, welche Unterstützung niedrigschwelligen Unterstützungsangebote sind und sind da hilfreich? Und und wie kann man kann man Menschen auch erreichen?

Das ist es gab irgendwann mal in der Vergangenheit so einen gewissen Automatismus, man hat ein Angebot in Anspruch genommen, dann ist man auch Mitglied geworden. Das ist natürlich keine keinerlei Verpflichtung, aber es ist natürlich schon auch ein bisschen schade, dass da diese kleine Unterstützung dann eben nicht zuteil kommt. Bzw die Möglichkeiten, die man noch hat, Einfluss zu nehmen und und mitzugestalten.

Das Ja ist vielleicht einfach, aber auch dem geschuldet, dass einerseits das Angebot oder der rechtliche Anspruch da ist, aber andererseits, dass es auch die Aufgaben oder die Herausforderungen für Familien so sehr verändert haben, dass der Spielraum nicht da ist, um sich einzubringen. Und das, was vielleicht auch mit dazu beiträgt, dass das Menschen dann eben darauf verzichten.

Sabine Wollstädter

Sie haben gerade gesagt, die Herausforderungen für Familien haben sich verändert. Sie sind schon im Verband, im Austausch dazu, welche neuen Wege es geben kann, um das Ehrenamt zu stärken. Mir kam hier das Thema Kooperationen und Netzwerke in den Sinn. In welcher Form gehen Sie in den Austausch? Gehen Sie hier in den Austausch mit anderen Verbänden? Wie sieht Netzwerkarbeit und Kooperation aktuell für Sie aus?

Sven Friedrich

Ich glaube, dass Netzwerkarbeit in der Selbstvertretung absolut unabdingbar ist. Dass diese Unterstützung gegenseitig auch für die gemeinsame Sache wichtig ist und alle allen hilft. Ich glaube aber auch, dass mehr Stärke gibt, um Themen voranzubringen und letztendlich auch damit mehr Sichtbarkeit. Aber auch der Landesverband ist ja Mitglied in der Parität im Paritätischen Wohlfahrtsverband ist unser Spitzenverband. Wir sind aber auch Mitglied in der Selbsthilfe.

Wir unterstützen eben auch auf diesem Wege andere, andere Organisationen und bekommen auch Unterstützung von anderen Organisationen. Das ist halt einfach auch ein wechselseitiges und wechselseitiger Austausch, der die Arbeit voranbringt. Und wie gesagt, ich glaube, auch die Erreichbarkeit und die Sichtbarkeit deutlicher macht uns und damit natürlich auch hoffentlich sich positiv auswirkt bei der Gewinnung von von von Mitgliedern bzw von ehrenamtlich aktiven Mitgliedern.

Sabine Wollstädter

Wenn wir einmal die Themen Generationswechsel und Kooperation zusammenbringen. Ich habe den Eindruck, oder vielleicht auch nur die Idee, dass neue Generationen, Netzwerken und Vernetzung schon anders leben, als wir dies aktuell tun. Und ich überlege hier, welchen Einfluss das auf unsere Arbeit in der Selbsthilfe hat.

Sven Friedrich

Ich glaube, das ist ein sehr sensibles Thema, weil in vielen Bereichen unserer Gesellschaft funktioniert Kooperation eben nicht, weil es doch in vielen Bereichen und in vielen Belangen im Leben eben mehr Ellbogen mittlerweile gebraucht werden. Praktisch. Und ich glaube, deswegen ist es gerade wichtig, aber gleichzeitig auch schwierig, in einem guten Austausch unter guten Kooperationen zu sein, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Und deswegen glaube ist es, dass das Netzwerk, dass Verknüpfungen, dass das gegenseitige Unterstützung und wirklich auch Kooperation und Austausch da ein ganz, ganz wichtiger Aspekt ist.

Sabine Wollstädter

Vielen Dank, Herr Friedrich, für die vielen Einblicke, die Sie uns heute mitgegeben haben. Sehr gerne möchte ich Ihnen jetzt noch meine Abschlussfrage stellen, die jeder Gast beantworten darf Wie ist Ihre Vision für die gesundheitsbezogenen Selbsthilfe der Zukunft?

Sven Friedrich

Ich denke, einige Punkte habe ich ja schon benannt. Ich glaube wirklich, dass es, auch wenn ich mich da wiederhole, ich glaube, es braucht die Möglichkeitsräume und ich glaube, die können sich potenzieren, die können ineinanderfließen. Diese Möglichkeitsräume, die können größer werden und die können dazu beitragen, dass das die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen, dass das Thema Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung wirklich auch ein alltägliches wird und eine normales Thema wird und nicht als ein das besondere Thema. Und ich glaube, dafür braucht es braucht es die Vernetzung. Also ich glaube Netzwerkarbeit ist das Allerwichtigste. Ich glaube, es braucht aber auch eine gewisse Normalisierung, dass man wirklich Möglichkeitsräume schafft, Angebote schafft, in denen es in denen es Begegnungen gibt, in denen es Austausch gibt und wo sich was entwickeln kann, was dann auch weitergetragen wird. Also es wünsche mir eigentlich wirklich, dass es das auch niedrigschwellig ist, dass die Gesellschaft den oft benannten, die oft benannte Vielfalt und den Zugewinn auch wirklich erleben kann. Denn ich glaube, das ist, das gibt es in kleinen Punkten immer wieder. Aber ich glaube, das muss wachsen und das muss das Potenzial sein und dafür muss es einfach auch zugänglich sein. Und dann glaube ich, dass wir ja das wir, dass wir die Themen voranbringen können, die uns allen wichtig sind.

Sabine Wollstädter

Vielen Dank für das Gespräch heute. Es wurde glaube ich sehr, sehr deutlich, dass Selbsthilfe, Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion eng vernetzt sind und zusammengehören, zusammengedacht werden müssen und zusammen mit Leben gefüllt werden müssen. Vielen Dank, dass Sie uns diese Einblicke gewährt haben. Wir sind ganz gespannt, Sie auf Ihrem neuen Weg hier bei der Lebenshilfe zu begleiten und vor allem auch noch mal vielen Dank dafür, dass Sie heute Teil dieses Podcasts waren.

Und das war unsere letzte Folge in der Menü Staffel zum Thema Nachfolge Kooperation Netzwerk. Ihr habt Anregungen, Rückmeldungen, dann schreibt uns gerne eine E-Mail an podcast@lag-sb-rlp.de. Bis bald Hier auf diesem Kanal.

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